Sprechen wir über Sicherheit und Grenzen

„Ein Europa, das schützt“, so lautet das Motto des österreichischen EU-Ratsvorsitzes. Erreichen will der österreichische Ratsvorsitz dieses Ziel mit Maßnahmen in drei Bereichen: Sicherheit und Migration, Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit durch Digitalisierung (mehr dazu im Text zur digitalen Transformation) und Stabilität in der Nachbarschaft mit dem Schwerpunkt Südosteuropa.

Im Bereich Sicherheit und Migration steht der „Kampf gegen illegale Migration“ im Vordergrund (siehe die Serie „Flucht und Asyl“ zur wichtigen Unterscheidung der Begriffe „Migration“, „Flucht“ und „Asyl“). Hier ist einerseits eine Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylwesens vorgesehen und andererseits ein effizienter Außengrenzschutz.

In Sicherheitsangelegenheiten bildet die EU einen gemeinsamen „Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“, in welchem die Politikbereiche Grenzkontrollen, Asyl und Einwanderung, die Justizielle Zusammenarbeit (in Zivilsachen und in Strafsachen) und die Polizeiliche Zusammenarbeit enthalten sind. (Titel V AEUV) Im Rahmen der „Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP)“ waren anfangs vor allem Wirtschaftssanktionen vorgesehen. Im Laufe der Jahre – und mit den Verträgen von Amsterdam und Lissabon – kamen weitere Maßnahmen hinzu: humanitäre Aufgaben und Rettungseinsätze sowie auch Missionen außerhalb der Union zur Friedenssicherung, Konfliktverhütung und Stärkung der internationalen Sicherheit.

Die GASP umfasst auch eine „Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP)“. Eine gemeinsame Verteidigung setzt einen einstimmigen Beschluss des Europäischen Rats (also der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten) voraus. Einen solchen Beschluss fassen die Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften. Die österreichische Bundesverfassung sieht hier die Zustimmung von Nationalrat und Bundesrat mit erhöhten Quoren vor. (Art 23j B-VG) Österreich hat sich darüber hinaus mit 24 anderen der (noch) 28 Mitgliedstaaten zu einer „Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (SSZ)“ (engl. PESCO) zusammengeschlossen, um die gemeinsame Verteidigungsarbeit zu vertiefen. Die Mitgliedsstaaten einigen sich hierbei einstimmig auf kollaborative Projekte zur Stärkung der gemeinsamen Verteidigungspolitik, bspw. zur Cybersicherheit oder militärischen Katastrophenhilfefähigkeit. Die Entscheidung über die nächsten PESCO-Projekte soll unter dem österreichischen Ratsvorsitz im November fallen.

Diese wenigen Angaben machen schon deutlich, dass die Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich ziemlich kompliziert ist. Gerade weil Sicherheit von vielen als eine der wichtigsten staatlichen Aufgaben angesehen wird, will niemand „das Heft aus der Hand“ geben. Wenn Einstimmigkeit gefordert wird, kann auch noch der kleinste Mitgliedstaat ein Veto einlegen und deutlich an Macht gewinnen. Eine weitere, noch immer nicht wirklich geklärte Frage, betrifft auch die demokratische Kontrolle der EU-Sicherheitspolitik. Mit dem Vertrag von Lissabon wurden zwar Informationsrechte für Parlamente geschaffen, aber viele Informationen sind „klassifiziert“ (besonders geschützt) und vieles bleibt geheim.

In Österreich kommt auch noch die Frage nach der „immerwährenden Neutralität dazu, die in der Bundesverfassung festgeschrieben ist. Österreich darf bekanntlich „keinen militärischen Bündnissen beitreten“ (Bundesverfassungsgesetz über die Neutralität Österreichs) Als Österreich 1995 der EU beitrat, wurde daher ebenso in der Verfassung klargestellt, dass es an der GASP teilnehmen darf (Art 23j B-VG). Eine Einschränkung besteht jedoch: Die Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen sind zu wahren. Außerdem ist für alle Beschlüsse im Rahmen der GASP die Mitwirkung des Nationalrats vorgesehen. (Art 23 Abs 3 B-VG)

Während des österreichischen Ratsvorsitzes wird zu den Themen Sicherheit, Außengrenzschutz und Migration am 20. September 2018 der informelle EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs in Salzburg stattfinden.