Sprechen wir über das Europäische Parlament

Lange Zeit bestimmten nur der Rat (also die Regierungen der Mitgliedstaaten) und die Kommission die Geschicke der EU (bzw. der EG = Europäische Gemeinschaften, wie sie bis 1993 hieß). Das Europäische Parlament (EP) hatte nur eine beratende Funktion und keine direkten Mitwirkungsmöglichkeiten.

Von Anfang an wies das EP aber eine Besonderheit auf: Es ist ein Parlament, in dem es keine Regierungsmehrheit gibt. Der Rat, also die Regierungen der Mitgliedstaaten, ändert sich in seiner Zusammensetzung. Ratsmitglieder können zwar im EP sprechen, sie sind aber nicht so vertreten, wie die Regierungen in den Parlamenten der Mitgliedstaaten. Damit wurde eine besondere Dynamik in der Zusammenarbeit im EP möglich. Denn während in nationalen Parlamenten die Abgeordneten der Regierungsparteien den Wunsch (oder auch den Auftrag) haben, die Regierung möglichst zu unterstützen, können die Abgeordneten im EP wesentlich freier agieren. Das hat dazu geführt, dass sich von Beginn an Abgeordnete aus (fast) allen Fraktionen und Mitgliedstaaten für das EP stark gemacht haben. Sie haben konsequent alle Möglichkeiten, die sie hatten, genutzt und dabei immer auf einem Ausbau ihrer Rechte beharrt.

Diese Besonderheit hat aber auch dazu geführt, dass Kritiker/innen (vor allem in Deutschland und dem Vereinigten Königreich) dem EP den Charakter als Parlament absprechen. Sie stoßen sich auch daran, dass die Abgeordneten nach ganz unterschiedlichen Regeln gewählt sind und dass die kleinen Mitgliedstaaten anteilsmäßig mehr Abgeordnete haben als die großen.

Die Führungsrolle in der EU liegt nach wie vor beim Rat und damit bei den Vertreter/innen der Mitgliedstaaten. Sie bestimmen auch, wann es zu Veränderungen und Neuerungen in der EU kommt. Aber die meisten Entscheidungen können sie heute nur mehr gemeinsam mit dem EP treffen. Mehr dazu findet sich hier: http://www.europarl.europa.eu/about-parliament/de/powers-and-procedures