Können auch Politiker/innen den Verfassungsgerichtshof anrufen?

Als der Verfassungsgerichtshof (VfGH) 1920 eingeführt wurde, hatte man vor allem eine Art politische Streitschlichtung vor Augen. Der Bund (also der Gesamtstaat) sollte eine Möglichkeit haben, die Gesetze der Länder prüfen zu lassen, und umgekehrt. Sie sollten das auch unabhängig von einem konkreten Fall tun können. Daher nennt man das „abstrakte“ Normenkontrolle. 

1976, also in der Zeit der SPÖ-Alleinregierung, wurde diese Möglichkeit ausgeweitet. Seitdem kann auch ein Drittel der Mitglieder des Nationalrates (das sind 61 Abgeordnete) eine Gesetzesprüfung durch den VfGH beantragen. Seit 1988 kann das auch ein Drittel der Mitglieder des Bundesrates. Auch in den meisten Ländern hat ein Drittel der Landtagsmitglieder dieses Recht (Ausnahme: Niederösterreich). 

Damit hat eine Minderheit ein starkes Instrument, um die Beschlüsse der Mehrheit kontrollieren und unter Umständen gar deren Aufhebung bewirken zu können. Aber auch sie kann nicht einfach einen Antrag stellen, sondern muss genau begründen, was ihrer Meinung nach warum verfassungswidrig ist.