Wie regelt die Bundesverfassung Regierungsverhandlungen?

Die Bundesverfassung enthält gar keine Regelungen für Regierungsverhandlungen. Sie kennt auch keine Fristen für die Regierungsbildung. Durch die einstweilige Bundesregierung (siehe Posting 2) ist ja sichergestellt, dass eine funktionierende Bundesregierung besteht. Es gibt aber Staaten, wo das ganz anders ist. In Griechenland hat der Wahlsieger etwa nur drei Tage, um Sondierungsgespräche zu führen. Wenn diese scheitern, erhält der Zweite den Auftrag usw. Wenn alle scheitern, muss neu gewählt werden. 

Die österreichische Bundesverfassung schreibt auch nicht vor, dass der Chef der stimmenstärksten Partei den Auftrag zur Regierungsbildung erhalten muss. Die Entscheidung darüber liegt allein beim Bundespräsidenten. 

Es gibt auch keine Regelungen darüber, wie die Verhandlungen geführt werden, was beraten werden muss oder was davon öffentlich gemacht werden muss. Das alles ist allein Sache der Verhandlungspartner. Sie entscheiden, ob sie hinter verschlossenen Türen tagen, oder ob sie der Öffentlichkeit darüber berichten. 

Die Bundesverfassung beschränkt sich darauf, zu regeln wann, wer und auf welche Weise jemand in ein Amt kommt. Beim Nationalrat geschieht das durch allgemeine Wahlen, bei der Bundesregierung im Wege der Ernennung und Angelobung durch den Bundespräsidenten. Damit wird sichergestellt, dass die Staatsorgane auf korrekte Weise zusammengesetzt, handlungsfähig und verantwortlich sind. Alles andere sind für die Bundesverfassung politische Fragen, die nicht rechtlich vorherbestimmt werden sollen. Klar ist dabei auch: Allgemeine Wahlen, an denen 6.396.796 Menschen teilnehmen können, erfordern eine ganz andere Organisation als Verhandlungen zwischen dem – vergleichsweise kleinen – Führungspersonal der Parteien in Regierungsverhandlungen. 

Wenn aber keine Regeln für Regierungsverhandlungen bestehen, heißt das auch, dass weder die Wähler/innen noch der Nationalrat in irgendeiner (anderen) Weise auf die Regierungsverhandlungen Einfluss nehmen können.